Starke Strategen
Was haben folgende vier herausragenden Persönlichkeiten aus dem Wirtschafts- und politischem Leben gemeinsam? Gibt es ein spezielles Geheimnis ihrer Erfolge?
Dana Reiznice Ozola (geboren 1981) leitete schon nach dem Abschluss ihres Studiums einen Technologiepark. Dann begann sie eine politische Laufbahn, 2014 wurde sie mit 33 Jahren lettische Finanzministerin, 2016 Wirtschaftsministerin. Eine wirklich eindrucksvolle Karriere, hat sie doch gleichzeitig auch vier Kinder!
Prof. Ken Rogoff (geboren 1953) wurde 1999 Professor an der Harvard University, von 2001-2003 war er Präsident des Internationalen Währungsfonds. Er gehört zu den bedeutendsten amerikanischen Ökonomen und zählt zu den wenigen, die vor der Finanzkrise 2008 und dem Kollaps großer amerikanischer Banken gewarnt hatten.
Peter Thiel (geboren 1967) ist ein ungewöhnlich erfolgreicher US-Investor: Unter anderem investierte er 280.000 US-Dollar in PayPal, der Börsengang und die Übernahme durch ebay brachten ihm 55 Millionen. Im Juni 2004 stieg Thiel als erster Investor mit einem Darlehen von 500.000 US-Dollar bei Facebook ein. Hier brachte ihm der spätere Börsengang und Verkauf der Anteile gesamt über eine Milliarde US-Dollar. Später war er Mitbegründer von Palantir, 2016 wurde sein Privatvermögen auf über 2,7 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Dr. Richard Lutz (geboren 1964) promovierte 1998 am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre in Saarbrücken. 2010 wurde er zum Vorstand Finanzen und Controlling der Deutschen Bahn AG und der DB Mobility Logistics AG berufen. 2017 berief ihn der Aufsichtsrat für fünf Jahre zum Vorstandsvorsitzenden und damit zum Leiter des größten Bahnunternehmens in Mitteleuropa.
Was ist die zentrale Gemeinsamkeit dieser Persönlichkeiten? Sie alle sind starke bis außergewöhnlich starke Schachspieler und haben nach eigener Aussage in ihrem Leben und ihrer Karriere in hohem Maße von dem profitiert, was sie an mentalen und kognitiven Strategien aus dem Schach gezogen haben! Ken Rogoff und Reiznice Ozola sind Schachgroßmeister, Peter Thiel und Richard Lutz sehr starke Schachamateure.
Stellvertretend sei hier Ken Rogoff zitiert, der in Interviews davon spricht, wie sehr ihn das schachliche Denken bis heute prägt und ihm die Fähigkeit gibt, mehrere Züge im Voraus zu denken und sich vorzustellen, wie sich die andere Seite verhalten wird. Persönlich kenne ich viele weitere erfolgreiche Unternehmer, die nach eigener Aussage dem Schach viel verdanken.
Dies ist kein Wunder, haben sich doch die Denk- und Planungsstrategien im Schach über 1500 Jahre immer weiterentwickelt und wurde Schach stets als Testfeld für das Verständnis kognitiver Prozesse und die Entwicklung künstlicher Intelligenz genutzt. Vor allem wird hier auch das Entscheiden im Lichte des Ungewissen trainiert, und dies unter Zeitdruck in komplexer Lage.
All dies war vor etwa 20 Jahren der Ausgangspunkt meines großen Traums: Die besten Planungs- und Entscheidungsstrategien der Schachgroßmeister zu entschlüsseln und sie auch all denen zugänglich zu machen, die nicht die Zeit für eine Schachlaufbahn haben! Dies war die Geburtsstunde des später gemeinsam mit Prof. Robert von Weizsäcker und Dijana Dengler ausgestalteten Strategiemodells Königsplan, das wir heute in Form von Vorträgen und Seminaren an Führungskräfte vermitteln.
Stefan Kindermann